Der moderne Mann und toxische Mänlichkeit

Während Putins sich jahrzehntelang in seiner Propaganda als perfekten Man wegen seiner Stärker und Führungspersönlichkeit ausgab, ist dieser Psychopath nur ein weiteres Beispiel wie gefährlich die Mischung aus toxische Männlichkeit und das Amt eines Staatsoberhaupts sein können.

Stärke zu zeigen ist deswegen Usus in einer Diktatur, weil der Diktator durch rohe Macht Opposition lähmt und das Volk hörig macht. Die Quelle seines vertikal organisierten Staates ist gehorsam. Mikhail Chodorkowski war einer der Oligarchen, die Putins System nicht akzeptieren wollten, was dazu führte, dass verhaftet wurde. Schon in den ersten Jahren seiner Herrschaft hatte Putin die russischen Oligarchen überragt und hörig gemacht. Putin selbst wurde zum obersten Oligarchen.

Das Image Putins vom Starken Mann interessierte in und außerhalb Russland Konservativen, Nationalisten und Faschisten. Éric Zemmour sprach auch davon einen französischen Putin haben zu wollen.

Vor dem Überfall auf die Ukraine wurde Putin oft nuanciert betrachtet, obwohl er schon seit dem Zweiten Tschetschenienkrieg und wiederholt mit dem syrischen Bürgerkrieg zum Kriegsverbrecher wurde. Ein Mitglied der von Putin verbotenen Organisation „Memmorial“, die sich mit dem schrecken der Stalindiktatur befasste, meint dass seit der Offensive gegen die Ukraine die Zensur den Stand von 1936 erreicht habe. Putins Diktatur wird also immer totalitärer; viele Europäer ob gemäßigte Rechte oder moderate Linke wollen dies nicht wahrhaben. Die Links- und Rechts-Extremen haben indes Jahrelang sich als nützliche Idioten erwiesen, die Putin öfters in Schutz nahmen. Es treibt mich in die Fassungslosigkeit, dass gewählte (!) Parteien Kollaboration mit einem Despoten durch Propaganda betrieben haben.

Aus einer Identitätskrise heraus kamen manche Männer in die Versuchung primitive Laster als eine Lebensweise anzunehmen: Arroganz, Jähzorn, Gier, Ausschweifungen, rohe und physische Kraft, willkürliche Macht-Ausübung, Schamlosigkeit, eigennützlicher Profit u.s.w. wurden zu Charakteristika des männlichen Ideals. Von dieser alten Idee sollte man sich lösen; weil sie pervers und schädlich ist.

Tapferkeit, Charakterstärke, Teamgeist, Familien- und Vaterlandsliebe wurden indes von Wolodymyr Selenskyj gezeigt. Putins Erzfeind hat im Ukrainekrieg all das gezeigt, was psychopatische Despot nicht imstande war. Das zeigt auch, dass viel zu viele Leute zu sehr falschen Idolen vergöttlicht haben. Selenskjy will seine Familienmitglieder schützen sowie auch seine Mitbürger. Normalbürgern und Kabinettmitgliedern spricht er an wie Genossen oder Freunde. Putin terrorisiert indes naheliegende Minister und andere Mitarbeiter, wie ein narzisstischer Tyrann, den er auch ist. Selenskyj soll seit Amtsbeginn sein Amt als Präsident entsakralisiert haben, doch hat er seiner Funktion als Chef Ehre gemacht, indem er den Wiederstand trotz der Übermacht weiter leitete. Putin erzwingt sich durch Terror die Disziplin seiner Gefolgschaft. Die Ukrainer haben währenddessen all ihre Ängste überwunden um Familie und Mutterland vor der Kriegsmaschine eines degenerierten Nostalgikers zu schützen. Von der Spitze bis zur Basis hat sich ein Volk gewehrt. Sogar fast ein Viertel der offiziellen ukrainischen Streitkräfte besteht aus Frauen.

Es ist nicht nur ein Trost, dass in dieser chaotischen Zeit ein Staatschef seiner Funktion gerecht wird. Viele Cretins schafften es ganz oben zu kommen, aber nur wenige machten durch Taten ihrer Position Ehre. Während Éric Zemmour nur an konservatives Gedankengut und autoritären Führungsstil interessierte, vernachlässigte er auch Tugenden. Dieser ideologische Verkörperung der Arroganz will auch nicht seine Laster zugeben. Zemmour sollte sich Selenskyj zum Vorbild nehmen, außer wenn Anstand und andere Tugenden nicht zum ihm passen, dann kann er weiter ein Neandertaler bleiben, der die Putin-Götze anbetet.

Julien Sita, Mittwoch, 30 März 2022.

Zu Untugenden entartende Urtugenden

Während Stärke, Durchsetzungsvermögen, Tapferkeit und Fleiß ungerne oder vorsichtigerweise in Verbindung mit dem „männlichen Typus“ in Verbindung gebracht werden, fehlen den Jungs von heute an alternativen Modellen, da Selbstbewusstsein mit Machtfülle und somit indirekt mit Machtmissbrauch in Vermengt wird, werden neben dem Typus eines „Selbstbewussten“ alternativen gesucht, wobei es aber nur den charakterlich sterilen oder den sklavischen Typus oder den toxischen Typus gibt. „Mann“ oder „Junge“ heutzutage zu sein soll keine allzu schwierige Definition sein; alleine schon das Gefühl frei vom toxischen, sklavischen oder phlegmatischen Verhalten soll ein Ausdruck zur Bejahung seiner selbst – auch nur eine Art von „Mann“ oder „Junge“ gemeint ist und nicht die männliche Gattung definiert, so sollten diese theoretischen Probleme keine realen Probleme sein; alleine schon Gefühle des Wohlbefindens wenn mehr oder weniger nach einem tugendhaftem Habitus gelebt werde, sollte zureichend sein.

Julien Sita, Freitag, 13. Januar 2023.

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