Leitthema: Roms politische und soziale Entwicklung eines sogenannten europäischen „Urstaates“.

Roms Regierungsform als extremere Art der Oligarchie ?
War die römische Republik eine mildere und das römische Principat eine extremere Form der Oligarchie ? M.E. ist die Vorstellung des römischen Reichs seit Cäsars Diktatur als eine Monarchie Irreführend, da es fast wirklich eine – nicht-reine aber dafür – extreme Form Polykratie gewesen war. Alleine schon der Faktor, dass Cäsar vermutlich mit Kleopatra über ein riesiges Konglomerat in Europa, Afrika und Asien herrschen wollte sagt schon einiges. Oder auch die Tatsache der Mitkaiserherrschaft: öfters haben Söhne die Kaiserwürde von ihren (Adoptiv-)Vätern als Mitkaisern geerbt. Das römische Kaisertum war monarchistisch insofern, dass der Kaiser die oberste entscheidende politische Instanz war. Die Realität der Machtverhältnisse je mach Ära scheinen aber oft zu schwanken, weshalb das römische Prinzipat in der Regel Monarchie nicht weit entfernt von einer Oligarchie war. Auch nach 476 nach Christus gab es im byzantinischen römischen Reich Tendenzen zur Mitkaiserherrschaft, bis sich das rein autokratische Modell etabliert hatte. Der christliche Monotheismus förderte offenbar die reine Monarchie; da Gott-der-Vater Alleinherrscher im Jenseits ist, so wurde per Analogie angenommen, dass im Diesseits auch ein einziger Kaiser in Byzanz sein sollte.
Julien Sita, 5. Juli 2022. 24. Juli 2023.
Domus caesaris augustii: Großfamilie oder Patchworkfamilie?
Drei Kernfamilien in einem Haushalt sind das Minimum für eine Großfamilie. Im Domus des Augustus passten bis zu sieben Kernfamilien rein, aber m.E. was der Haushalt des princeps eher eine „Patchworkfamilie“ als eine gewöhnliche Großfamilie, wenn es überhaupt die Norm war, dass die römische Nobilität, zur Zeit des Augustus, in Großfamilien legte. Wäre Augustus weiterhin mit Scribonia verheiratet hätte seine Kernfamilie zusammen mit Marcus Vipsanius Agrippa und seine Kinder eine Stammfamilie ergeben – mit mehr als zwei Generationen „unter demselben Dach“ – wobei die Schwester des princeps, Octavia, allerdings auch weiterhin mit Marcus Antonius verehelicht, hätte sein sollen. Allerdings kamen die Kernfamilien des Tiberius, Drusus, Germanicus, Claudius und der Octavia, auch hinzu. Dabei hat Drusus Antonia, die Tochter der Octavia, geheiratet und mit ihr Germanicus und Claudius erzeugt; was auch dazu führte, dass der Sohn des Germanicus, Caligula, princeps wurde und nach ihm Claudius, der Nero, dem Sohn der jüngeren Agrippina, die Enkeltochter des Marcus Vipsanius Agrippa, adoptierte, wobei Nero der letzte aus dem Julisch-Claudischen Haus in Rom regierte. Weder die flavische, noch die nervisch-antoninische, noch die theodosianische Dynastie ergaben einen so erweiterten Stammbaum wie die julisch-claudische Dynastie, welche jedoch scheinbar nur durch ihre frühzeitige besondere Art der Zusammensetzung in der Form einer „Patchworkfamilie“ möglich war.
Julien Sita, 3. August 2023.