Die Welt des demokratischen Parlaments als Wille und Wette II

Prolegomena zum zweiten Kapitel

§1 Die Interessen hinter den Ideologien

Das Parlament repräsentiert den Willen des Volkes. So steht es in der Verfassung vieler demokratischer Staaten. Aber wie kann es sein, dass sich viele Bürger nicht von ihren Vertretern vertreten fühlen? Ist es überhaupt möglich, dass etwa 300 bis 900 Parlamentarier mehrere Millionen repräsentieren können oder überhaupt dies behaupten dürfen? Ist die Volksvertretung durch das parlamentarische Mandat also ein Idealzustand der erstrebenswert ist, aber nie erreicht werden kann?

Parlamentarier können allerdings insofern nützlich sein, dass sie den Staat mit allen Regionen in Form von Wahlbezirken verbinden; da jede Region mindestens einen Vertreter hat. Ebenfalls können soziale Gruppen oder Identitätsgruppen repräsentiert werden, die um 1900 nicht an der Politik teilnehmen durften.

Den „Willen des Volkes zu Repräsentieren“ und zwar im Sinne der Vertretung verschiedener Interessen und Ideologien ist indes eine schwierige Sache, da viele ihre Meinung schnell ändern oder sich keine Meinung machen. Das Parlament vertritt eher nur ganz grob und sehr ungenau besondere Interessen der Bevölkerungsgruppen.

Wohlgemerkt muss man dazu sagen, dass die Ideologie von den Interessen unabhängig ist und nicht umgekehrt. Ideologien sind rationale und trügerische Rechtfertigungen des emotionalen Willens der Bevölkerungsgruppen. Die philosophische Weltformel „die Welt wird von einem irrationalen Willen regiert“ stimmt insofern damit der Selbsterhaltung, Selbstverwirklichung und der grenzenlosen Akkumulation (wie Geld und Macht) gemeint werden. Die Wissenschaften, die Logik und der gesunde Menschenverstand sind also rationale Mitteln für irrationale Zwecke. Gefährliche Ideologien können also nur dadurch bekämpft werden indem die Psyche des Menschen untersucht wird: die Stärksten Affekte wie Angst, Hass und Liebe sind m.E. gewöhnliche Quellen der Ideologien.

Allerdings sind Ideologien in sich selbst oft widersprüchlich, weil sie oft die trügerischen Aufgaben des Ergreifen oder Erhalts der Macht und der Täuschung der Massen haben. In Zeiten wo Werte an Wert verlieren, haben Ethiktheorien oft nichts mit der Realität zu tun. Das Recht des Stärkeren, Schnellsten oder Klügsten gewinnt in einem Zustand der gesellschaftsweiten Anomie an Bedeutung ebenso wie der Nihilismus, der sich weder an die moralische Richtlinien noch die Wahrheit interessiert. Das Zusammenleben muss durch neue Normen geformt werden, wenn diese Zustände zum Chaos führen. Neue Normen nach dem Chaos werden in der Regel von einen Leviathan gesetzt. Der Leviathan ist meiner Meinung nach ein Alleinherrscher, der für Frieden und Ordnung sorgen sollte, aber seine Vollmachten an ein demokratisches Parlament abgeben sollte, falls Unordnung dauerhaft vermieden oder ausgemerzt werden kann.

Demokratische Parlamente müssen sich sich indes in diesen unsittlichen Zeiten wo wir leben, von den Gruppeninteressen lösen, indem sie Komitees mehrere Missionen geben. Diese Komitees sollten Gesetze vorschlagen, die vielleicht unpopulär sind aber notwendig sein werden um die kommenden Krisen zu überwältigen. Damit wir dieses krisenhafte Jahrhundert überstehen werden wir opferbereit handeln müssen. Eine andere Alternative kann ich mir nicht vorstellen. Aliam optionem cogitare non possum.

Julien Sita, 1. August 2022.

§2 Die Interessen hinter den Rechten

Rechte sind Ansprüche und a priori sind alle Ansprüche auf die Interessen der Rechtssubjekte basiert. Ein Recht ist dazu da im Interesse des dem Rechtssubjekt zu dienen. Ideologien die bestimmte Rechte bestimmte Personen oder Gruppen zusprechen sind also dazu da, um deren Willen zu rechtfertigen. Jede Partei hat darum ein anderes Verständnis von Gerechtigkeit, weil jeder andere Klientelgruppen hat. Die Linken, Zentristen und Rechten definieren deshalb ihre Ideologie so wie dies mehrere verschiedenen Gruppen gefallen könnte. Da ihre Klientelgruppen sich oft sehr unterscheiden, ist auch ihre Ideologie so widersprüchlich.

Moral und Selbstgerechtigkeit sind quasi identisch, weil jede Bevölkerungsgruppe andere Partikularinteressen verfolgt, obwohl jeder im Allgemeinen nach Glück und Wohlsein strebt. In unserer Zeit, wo Subjektivität an Bedeutung gewonnen hat, beharrt jeder auf seine – oft selbsternannten – Partikularrechte. Das Motto der Individuen nach im 21. Jahrhundert würde vereinfacht lauten: „Meine Rechte sind meine Interessen.“ Oder genauer ausgedrückt: „Meine Rechte sind meine (mehr oder weniger vernünftige) Ansprüche darauf meine Interessen zu verteidigen.“ Allerdings haben wir als Menschheit alle dieselben Interessen auch wen wir dies stehts vergessen: niemand will Krieg oder Klimakatastrophen oder schwere Krisen, doch jeder verleugnet die Gefahren und konzentriert sich nur auf irrelevantes Zeug, bis der wahre Notstand sich bei allem offenbart. Die Moral kann hat ihren Universalitätsanspruch auch dadurch verloren, weil jedes Milieu oder sogar jede Person seine eigene Vorstellung von Moral hat. Moralischen Grundsätze die allgemein gelten entstehen daher in unserer Zeit eher durch globale oder landesweite Krisen – wie zum Beispiel eine Pandemie, Wirtschaftskrise, Naturkatastrophen, die Klimakrise und Krieg – können neue Gewohnheiten für alle per Gesetz festgelegt werden.

Dies zeigt, dass die „Vertretung der Interessen des Volkes“ im Parlament eine sehr kompliziertere Angelegenheit ist. Überhaupt vertreten Politiker nur diese Klientelgruppen wenn sie massiv Druck ausüben, sonst könnten „Volksvertreter“ in Versuchung kommen ausschließlich sich selbst zu vertreten.

Julien Sita, 6. August 2022.

§3 Der Staat und seine skeptischen Bürger

Die Liebe zur Demokratie ist wichtig. Auch wenn der Löwenanteil der Leute lieber emotional und konsequentialistisch in der Politik gesinnt und ihre Sympathie zur einer oder das Ergebnis einer Regierung für wichtiger Schätzen als ihre formalen Werte, sollte man nicht vergessen, dass die Demokratie Freiheiten und Bürgerrechte ermöglicht, die es in anderen Staaten nicht gibt. Die Rechtstaaten in Europa sorgen dafür, dass jedes Jahr Minister und sonstige Politiker untersucht werden und gegebenfalls wegen dubioser Affären oder Inkompetenz in fine zurücktreten. Der Normalbürger sieht sich vom Staat beklaut und manipuliert an, doch muss man auch sagen, dass es gerade die breite Masse ist, die das System am Laufen hält, mehr als genug vom System profitiert (ob bewusst oder nicht) sowie auch keine Verbesserungen unternehmen, außer politische Gewalt verüben. Man solle links- und rechtsgerichtete Extremisten fragen was sie am Tag nach ihrer „Revolution“ tun wollen; so viele Umstürze sind gescheitert und mündeten in Bürgerkriege, weil das „öffentliche Wohl“ nur durch langwierige Prozesse und nicht schlagartig zustande kommen. Oft sind diese Prozesse auch Begleitet von „gewohnter Gewalt“, von dem man sich am Ende eines Prozesses abgewöhnt, aber wahrer Wohlstand und politische Stabilität werden nicht durch eine Terror- Gewaltherrschaft , die versucht die Sitten, die Mentalität und das soziale, politische und ökonomische System völlig zu verändern, erreicht. Die Revolutionen richten sich nur gegen ein politisch-ökonomisches System, sondern auch gegen die politische und ökonomische Elite an der Spitze eines Gesellschaftssystems. Eine grob zusammengefasste „Elite“ sieht sich üblicherweise selbst als meritokratisch, ist aber in Europa immer mehr zu einer Erbaristokratie geworden. Dies ist auch einer der Gründe weswegen die Normalbürger weniger Vertrauen in der Politik und im Wirtschaftssystem haben: die soziale Mobilität „nach Oben“ wird immer schwieriger wegen der verschärften Konkurrenz und zum Teil uninteressanter wegen des nihilistischen Phlegmatikus der seit der Coronavirus-Pandemie die Arbeits- und Wirtschaftswelt erschreckenderweise den Wert der Arbeit in Frage gestellt hat. Neben der Arbeitsethik werden auch zivile Tugenden wie politische Aktivität – die etwas durch langfristige Handlungen etwas bewirkt – in Frage gestellt. Die aktive Politik der Normalbürger auf den Wahltag zu reduzieren ist viel zu reduktionistisch alle Republiken, die weder Demokratien noch Diktaturen waren und wo sich die Bürger ansatzweise frei fühlten, funktionierten durch zwei Arten von pressure groups: die reiche Minderheit und die breite Masse. Die Masse muss sich offen als Klientel von zwei oder drei Volksparteien ansehen, von dem sie etwas offen und ehrlich verlangt; am offen dargelegte Wille von zwei, drei oder höchsten sechs großen Bevölkerungsgruppen – denn sieben wäre schon zu viel! – sollen sich die Grundlinien der politischen Hauptkräfte bilden, indem an diese Volksgruppen die politische und auch wirtschaftliche Karriere einer Person bestimmen.

Julien Sita, 29. Januar 2023

Kapitel 2: Wie sollte ein Wähler in einer Demokratie im Idealfall wählen?

Wie in der Prolegomena zu diesem Kapitel angedeutet wurde, vertreten die Parlamentarier jeweils einen partikularen Willen eines Bevölkerungsanteils. Wille und Interesse gelten zudem in diesem Fall als ein und dasselbe. Wem sollte aber ein Wähler seine Wahl geben, wenn es keine Partei gibt, die die ganze Bevölkerung zufriedenstellen kann? Man könnte sagen, dass der Wähler in daher für eine Partei wählen sollte, die die Interessen der Mehrheit der Bevölkerung, sowie die Interessen seiner Community, seinem Bekanntenkreis und seiner Selbst vertritt – und zwar zur gleicher Zeit! Da dies schwierig sein könnte wählen Wähler deswegen sozial, kommunitaristisch oder egoistisch, je nachdem ob sie der größten Anzahl, ihrer Gemeinschaft oder nur sich selbst zufrieden stellen wollen.

(Fortsetzung folgt)

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