Kommentar zur Tugendethik

Kann eine neue Tugendethik den Streit zwischen der Pflichtethik und der Zielethik ausmerzen?

Moralische Gesetze als universale Pflichten stehen a priori im Konflikt mit den moralischen Ziele als konkrete Ziele. Indes sind die Tugenden als Dreh und Angelpunkt für sowohl Prinzipien als auch Endziele zwischen zwei Stühlen vorhanden. Der kulturelle Kontext dient als Auswahlverfahren und Hierarchisierung der Tugenden. Welche Tugenden sind aber in (fast) jeder Kultur gepriesen (ganz abgesehen welche moralischen Axiome gesetzt oder was sich diese Kultur erstrebt) ? Diese Untersuchung wird eine Anthropologie der Sitten und eine kulturelle Mannigfaltigkeit darlegen. Eines der weiteren Ziele wird es auch zu sein, die These zu prüfen, ob Tugenden innerhalb des Menschengeschlechts universelle Gültigkeit in Form von Tugenden haben. Universelle ethische Werte, on nun als Postulate oder als Erstrebendes können ohne Tugenden, d.i. lobenswerte Charakterzüge (siehe Aristoteles), begriffen werden. Welche Werte das Fundament jeglicher Ethik sind und welche Tugenden unzertrennlich von bestimmten Werten sind wird auch Teil dieser Untersuchung sein.

Die Rolle der Moral durch die menschliche Natur zu erkennen wird dadurch deutlich, wenn der Mensch einer Gottheit mit Allwissenheit, Autarkie und Unsterblichkeit gegenüber gestellt wird. Allein dadurch, dass der Mensch an diese drei Attribute mangelt, soll der Prophet Moses verboten haben falsche Aussagen über seinen Nächsten zu lügen, sowie auch Diebstahl und Mord. Die moralischen Gebote sollen das Verhalten zum Guten leiten, da es dem Menschen an Vollkommenheit fehlt, wie auch allen anderen Geschöpfen. Da Mitleid, sozialer Zusammenhalt und Gesetzlichkeit in allen menschlichen Gesellschaften scheinbar vorhanden sind, ist es nicht überraschend, dass sich einige der Zehn Geboten in anderen Kulturkreisen in anderen Formen wiederzufinden sind.

Res cogitenza (d.i. denkendes Ding = Verstand) erkennt seine eigene nicht-Allwissenheit, sowie die natürlichen Attribute (d.s. Sterblichkeit, Bedarf an Ressourcen) der res extenza (d.i. ausgedehntes Ding = der Körper). Damit werden Leben, Besitztum und objektive Informationen auch als natürliche Interessen angesehen. Und in der Gesellschaft bilden natürliche Interessen die Basis von moralischen Werten wie Ehrfurcht vor dem Leben, Respekt des Besitztums und Ehrlichkeit. Moralische Werte implizieren moralische Gesetze wie „Du sollst nicht töten!“ „Du sollst nicht stehlen!“ „Du sollst nicht Richtern (und ggf. auch Geschworenentribunal) belügen!“. Dieser Gedankengang vom „ich bin so“ bis zum „wir sind so“ trifft in irgendwann öfters auf dem „man soll X, Y und Z tun“. Konkrete Moralgesetzesinhalte sind aber oft unflexibel für Kontext, Konsequenzen und Ausnahmen, weswegen auf das Imperativ eines guten Charakters – als minimale Bedingung der Moralität – reduziert wird.

Gesetz und Moral

Die Moral ist eine Verhaltenssitte, die von antiken Staaten eingeführt worden sei um Recht und Ordnung im durchzusetzen und somit die Schwachen von den Starken zu schützen. Die Reichen, Mächtigen und Opportunisten haben sich aber in den letzten Jahrhunderten den abstrusesten philosophischen Theorien bedient nur um die Schwachen zu entwaffnen und schutzlos zu machen. Gewalt oder sogar Kritik gegen jene, die alles bekommen was sie wollen und nicht die Gewohnheit haben anderen etwas freiwillig zu geben oder sogar dankbar zu sein, wurde als „unmoralisch“ umgemünzt, damit die Schwachen sich schuldig fühlen das Gesetz zu ihrem Schutz zu gebrauchen oder sogar damit die Gesetze so umgestaltet werden, dass sie nutzlos sind und die Unschuldigen vor Vollidioten nicht schützen können oder de facto sogar nicht dürfen. „Je mehr Gesetze desto weniger Gerechtigkeit“ meinte Cicero als er Heuchler dabei verurteilte den Geist, also die Intention, der Gesetze zu missachten sobald sie eine Lücke im Gesetzestext bemerkten. In einem ungerechten System muss man manchmal hart sein ohne sich dafür zu schämen: Gerechtigkeit zu schaffen oder sogar sich selbst zu schützen geht manchmal nicht anders.

(Fortsetzung folgt)

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